Höchste Zeit für einen Systemwechsel in der Wissenschaft
Rede vom 15. Dezember 2022
Es gibt mittlerweile viele Branchen mit schlechten Arbeitsbedingungen, und leider ist auch der Wissenschaftsbetrieb – unsere Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen – überwiegend zu so einer Branche geworden. Zehntausende Beschäftigte in der Wissenschaft sorgen jeden Tag dafür, dass an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen gelehrt, gelernt und geforscht werden kann. Aber viele von ihnen tun das eben unter äußerst prekären Bedingungen. Sie arbeiten unfreiwillig auf halben Stellen oder sogar auf Viertelstellen, und 80 Prozent von ihnen sind nur befristet beschäftigt. Sie nehmen unbezahlte Überstunden in Kauf..
Schuld daran ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, ein Gesetz, das so sperrig und schlecht ist wie sein Name und das jetzt seit 15 Jahren ausufernde Befristungen, Kettenverträge und – kurz gesagt – Ausbeutung zulässt.
Als die damalige Große Koalition 2007 das Gesetz verabschiedet hat, hieß es, das Gesetz werde Befristungen eindämmen. 2016 hat dann eine Große Koalition das Gesetz nach großem Druck vor allem aus den Gewerkschaften überarbeitet, aber so wenig ambitioniert und auch so halbseiden, dass sich, kaum was an der Situation geändert hat. 2021 kam dann die #IchbinHanna-Bewegung – eine Protestbewegung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Netz. Und danach viele Versprechungen von quasi allen Parteien, allen voran den Parteien der jetzigen Ampelkoalition, dass jetzt endlich gehandelt wird.
Jetzt ist die Ampel schon über ein Jahr im Amt, und passiert ist nichts.
DIE LINKE. hat Eckpunkte vorgelegt, wie gute Arbeit in der Wissenschaft zum Prinzip werden kann. Befristet werden darf nur, wenn es sich um eine wissenschaftliche Qualifizierung handelt, also um eine Promotion. Ansonsten gilt das Prinzip: Dauerstellen für Daueraufgaben. Es braucht neue, dauerhafte Stellen neben der Professur. Es braucht außerdem vertragliche Mindestlaufzeiten, und zwar so lange, wie ein wissenschaftliches Projekt eben dauert, nicht kürzer als zwei Jahre und für eine Promotion sechs Jahre. Und natürlich müssen Gewerkschaften in die Lage versetzt werden, mit den Hochschulen Tarifverträge abzuschließen. Die Tarifsperre muss weg.
Ein Sonderarbeitsrecht in der Wissenschaft ist nur dann akzeptabel, wenn es für gute Arbeit sorgt. Die Regierung muss entsprechend handeln.