Über mich

Was mich ausmacht und mich motiviert.

Die soziale Spaltung in München und der Rechtsruck der 90er Jahre haben mich nachhaltig geprägt. Mehr lesen…

In München geboren, 2004 Eintritt in die WASG/Linke. Seit 2009 für Euch im Bundestag. Mehr lesen…

»Münchner Marxistin in Berlin« – der Deutsche Bundestag porträtierte Nicole. Mehr lesen…

»Ich wollte mich schon als Jugendliche einmischen« – Was mich bewegt(e)

Soziale Spaltung selbst bei Kindern

Aufgewachsen bin ich im Münchner Arbeiterviertel Giesing. In meine Klasse in der Grundschule gingen aber vor allem die Kinder sehr reicher Familien, die sich nie Sorgen um materielle Dinge machen mussten. Die soziale Spaltung machte sich für mich und andere auch in Ausgrenzungserfahrungen in der Schule bemerkbar. Ob direkt oder indirekt, es war immer präsent zu welcher »Gruppe« man gehörte. Hier wurde der Grundstein für mein späteres Gerechtigkeitsempfinden gelegt, das für mich auch heute noch Motor meines politischen Handelns, gerade auch in der Bildungspolitik ist.

Rechtsruck der 90er Jahre

Die rassistischen Pogrome der 90er Jahre und ein allgemeiner Rechtsruck, der in Bayern eng mit dem Aufstieg der Republikaner-Partei verknüpft war, haben mich als Jugendliche stark politisiert. Bilder aus Lichtenhagen, Mölln, Solingen oder Hoyerswerda waren für mich schwer begreiflich. Ich fand es unvorstellbar und nicht hinnehmbar, dass so etwas überhaupt möglich war. Gleichzeitig wurde mir klar, dass die Mehrheit anders ist und es sich daher lohnt, für den Kampf gegen rechts zu werben.

Während des zweiten und dritten Irak-Kriegs fand ich es erschütternd, mit welcher Schamlosigkeit die Öffentlichkeit belogen wurde und offenkundige Kriegsziele verborgen blieben. Auch das hat mich nachhaltig bewegt und der Einsatz für Frieden und Transparenz ist für mich bis heute zentrales Anliegen.

Biografie

Ich bin 1975 in München geboren. Politisiert haben mich vor allem die rassistischen Pogrome der 90er Jahre und der zweite Irak-Krieg. Während meines Studiums der Kommunikationswissenschaften war ich unter anderem bei attac aktiv und habe mich an den Streiks gegen das Hochschulrahmengesetz beteiligt. 2004 bin ich in die WASG eingetreten und wurde im darauffolgenden Jahr Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands. Seit 2009 bin ich für DIE LINKE Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Ich bin Sprecherin für Bildung und Wissenschaft und stellvertretendes Mitglied im Bauausschuss. Seit 2021 bin ich stellvertretende Vorsitzende der Fraktion.

Nicole im Porträt

»Münchner Marxistin in Berlin: Nicole Gohlke«
– von Sandra Schmid, erschienen 2014

Es gibt nicht viel Persönliches in Nicole Gohlkes Abgeordnetenbüro. Keine gerahmten Fotos auf dem Schreibtisch, keine Erinnerungsstücke oder gar Nippes im Regal. Zwei auf den ersten Blick wenig persönliche Gegenstände jedoch erzählen viel über die Münchnerin, die seit 2009 hochschul- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag ist.

»Parlamentarischer Beobachter«

Da ist zum einen die neongelbe Weste, die neben der Bürotür auf einem Kleiderbügel hängt: »Parlamentarischer Beobachter« steht darauf. »Solche Westen«, sagt Gohlke ohne jeden erkennbaren bayerischen Dialekt, »tragen meine Kollegen von der Linken und ich, wenn wir auf Demonstrationen sind, zum Beispiel bei denen gegen die Naziaufmärsche in Dresden in den vergangenen Jahren.«

Die Abgeordnete – mit Pony und Pferdeschwanz – hat auf dem Sofa Platz genommen und gießt sich Mineralwasser ein. »Die Polizei hat uns geraten, uns so kenntlich zu machen. So könne man unsere Abgeordnetenrechte besser achten«, erklärt Gohlke und muss schmunzeln: »Seither habe ich hier die Weste immer griffbereit.«

Unter argentinischen Nonnen und indischen Kleinbauern

Einer gewissen Ironie entbehrt das tatsächlich nicht – schließlich gehörte Gohlke bis vor wenigen Jahren noch zu denen, gegen die sich die Polizei mit Kampfausrüstung und Wasserwerfern wappnete. Im Juli 2001 zum Beispiel, als in Genua rund 300.000 Globalisierungskritiker gegen den G8-Gipfel protestierten. Dutzende wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Ein Demonstrant kam ums Leben.

»Das war einschneidend«, erinnert sich die Abgeordnete, die damals als Attac-Mitglied auch in die italienische Hafenstadt gereist war. »Man fragt sich, wer eigentlich vor wem geschützt werden müsste. Hier die Polizisten, die aussahen wie RoboCops mit ihren gepanzerten Anzügen, da die Demonstranten – argentinische Nonnen und indische Kleinbauern. Was ist das für ein Verhältnis?«

Florian-Süssmayr-Ausstellung

Der zweite Gegenstand in Gohlkes Büro, der sofort ins Auge sticht, ist ein Plakat zu einer Florian-Süssmayr-Ausstellung im Münchner »Haus der Kunst«. Es hängt direkt über ihrem Schreibtisch. Der Maler – bis vor wenigen Jahren kaum bekannt – avancierte mit dieser Ausstellung 2010 zum Shooting-Star der Münchner Kunstszene.

In seiner Jugend war Süssmayr Punk, gehörte Anfang der 1980er-Jahre der linksextremen Gruppe »Freizeit81« an. Auch Gohlke engagierte sich während ihres Studiums der Kommunikationswissenschaften in München bei linken Gruppen, so etwa beim trotzkistischen »Linksruck«.

»Demokratie in der Krise«

Eine der Forderungen der seit 2007 aufgelösten Gruppe lautete – klassisch marxistisch – die Beseitigung des bürgerlichen Staates durch Klassenkampf. Was ist von den revolutionären Zielen von einst übrig?

Gohlke überlegt kurz: »Im Kontakt mit den Menschen erkenne ich schon, dass das parlamentarische System in der Krise ist. Das Ansehen von Politikern ist denkbar schlecht, und ich bin überzeugt, dass es mehr Möglichkeiten geben müsste, sich als Bürger einzubringen, als nur alle vier Jahre zur Wahl zu gehen.«

Von Attac zur Linken

Sie selbst wollte sich schon als Jugendliche einmischen: Die Triebfeder ihres politischen Engagements habe sich nicht geändert, seit sie als Schülerin gegen den Zweiten Golfkrieg oder brennende Asylbewerberheime protestierte. »Ich könnte nicht in einer Partei sein, die sich nicht ausdrücklich gegen Krieg oder Rassismus positioniert oder die ungerechte Vermögensverteilung thematisiert«, stellt die Linkspolitikerin klar.

Dass sie überhaupt jemals Mitglied einer Partei werden würde, war aber alles andere als klar. Bewegungen findet sie spannender als etablierten Parteien. 2001 wird Gohlke Mitglied beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac. »Da wäre ich bestimmt geblieben, hätte sich nicht die WASG formiert und später Die Linke“, sagt sie. „Ohne sie hätte ich sicher keinen Zugang in das Parteienspektrum gefunden.«

Eventmanagerin für Siemens und BMW

Seit 2007 gehört sie zum Vorstand der Partei Die Linke in Bayern. 2008 wird sie Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion in Berlin. Eine Stelle, die sie mit gemischten Gefühlen annimmt: »Ich musste es mir wirklich überlegen, denn als Mitarbeiterin ist man natürlich auch politisch abhängig. Es hat Vorteile, Beruf und Politik zu trennen.«

Zuvor arbeitet Gohlke vier Jahre bei verschiedenen Event-Agenturen. Dabei berät die Globalisierungskritikerin und Marxistin Großunternehmen wie Siemens oder BMW, konzipiert und betreut zum Beispiel deren Messestände. »Der Job hat mir Spaß gemacht – aber es war natürlich vor allem ein Job zum Geldverdienen«, sagt Gohlke über ihre Zeit als Eventmanagerin.

BAföG und Bologna-Reform

Seit sie 2009 das erste Mal in den Bundestag eingezogen ist, kümmert sich die Abgeordnete um die Hochschulpolitik. Das Feld will sie auch in der laufenden Legislaturperiode beackern: So wird sie weiterhin für mehr Geld für Forschung und Lehre kämpfen oder die Bologna-Reform kritisieren. Zudem fordert sie, mehr Studenten BAföG zu gewähren – und es vor allem zu erhöhen. Ginge es nach ihr, würde die Ausbildungsförderung automatisch an steigende Lebenshaltungskosten angepasst und in einen »rückzahlungsfreien Vollzuschuss« umgewandelt.

Dass sich die Regierung zugute hält, viel für Hochschulen und Studierende getan zu haben, lässt Gohlke so nicht gelten: »Die Studierendenzahlen steigen, da ist es nicht verwunderlich, dass auch die Quote der Geförderten steigt. Tatsächlich aber stagnieren die Regelsätze, und weniger Menschen bekommen BAföG.« Die Bundesregierung komme auf andere Zahlen, weil sie alle Studenten über 35 Jahren und alle im Zweitstudium herausrechne, moniert Gohlke.

Medienecho auf Anfrage zur Rüstungsforschung

Stolz ist sie hingegen, dass ihre Anfragen an die Regierung zum Thema Rüstungsforschung in den Medien großes Echo gefunden haben. »Da habe ich gemerkt, dass meine Arbeit wirklich etwas bringt, und dass ich mit solchen Informationen eine öffentliche Debatte initiieren kann.«

Öffentliche Hochschulen sollten sich aus militärischer Forschung und Entwicklung heraushalten, findet sie. Klar, dass sie bei diesem Thema künftig dranbleiben will. Die nächste Anfrage läuft bereits.

Der hier leicht gekürzte Artikel
erschien zuerst auf bundestag.de